Blatt XI.

Der Ablauf eines Schiffes vom Stapel (Launching) nach französischer Art.

Wenn der Bau eines Schiffes vollendet, oder zum Theil vollendet ist, so wird es bekanntlich vom Lande oder vom Stapel, auf dem es gebaut worden, ins Wasser gelassen. Sehr große Schiffe, namentlich Kriegsschiffe, werden auf dem Stapel nicht fertig gemacht, sondern man bekleidet den obern Theil und legt die obern Verdecke erst dann ein, wenn das Schiff auf dem Wasser liegt. Dies geschieht meistens aus dem Grunde, weil man befürchtet, daß der Boden, worauf das Schiff gebaut wurde, weichen könnte. Kleinere Kauffahrteischiffe macht man zuweilen ganz segelfertig auf dem Stapel, und in England ereignet es sich oft, daß die Schiffe mit derselben Fluth, mit der sie vom Stapel liefen, gleich in See gehen.

Eine der besten Methoden, scharfgeformte Schiffe vom Stapel herab ins Wasser zu lassen, ist auf diesem Blatte dargestellt.

Die hier in Rede stehende Art des Ablaufs ist unter den bis jetzt bekannt gewordenen die einfachste, und wird auch eben so sicher, als die auf dem folgenden Blatte angegebenen Methoden sein, wenn man sie so anwendet, wie dieselbe hier beschrieben und durch die Zeichnung vedeutlicht ist.

Der Erfinder hat hierbei das Prinzip ausgeführt, Schiffe nur auf dem Kiele allein, ohne alle weitere Unterstützung, vom Stapel ins Wasser laufen zu lassen. Der erste Versuch, welcher in dieser Art ausgeführt wurde, geschah zu Cherbourg mit einer großen Korvette von 24 Kanonen, und fiel zur größten Zufriedenheit aller anwesenden Sachverständigen aus. Seitdem werden bei der französischen Marine alle Schiffe, von Fregatten bis zu Seeschiffen der kleinsten Größe herab, auf diese Weise ins Wasser gelassen.

An jeder Seite des Schiffes werden Stützen a a, welche gewöhnlich eine S (Es) Form haben, so durch Bolzen befestigt, daß dieselben nachher, wenn das Schiff im Wasser liegt, leicht wieder ausgeschlagen werden können, ohne das Schiff auf die Seite legen zu dürfen. Die Stützen sind unter sich durch die beiden mit einander verkämmten Kreuzhölzer b b, Fig. 2 und 3, verbunden und an ihrem untern Ende mit einer Planke c c versehen, die man den Läufer (sole) nennt. Ein solcher Läufer, der gewöhnlich eine Länge von 18 bis 25 Fuß hat, darf die darunter liegende sogenannte Schmierplanke (sliding plank) d d, Fig. 1, nicht berühren, sondern muß ungefähr ½ Zoll davon entfernt bleiben, Letztere sind auf den Lagerbalken f f befestigt und an den Außenseiten mit vorstehenden Leisten versehen, um dadurch jedes Ausweichen des Läufers zu verhüten.

Die Stapelklötze (Blocks), auf denen das Schiff gebaut wird und worauf unmittelbar der Kiel desselben ruht, sind hier in der Zeichnung weggeblieben, wohingegen das Schiff mit der zum Ablaufen erforderlichen Zurüstung versehen, dargestellt ist. Zwischen je zwei Stapelklötzen sind zwei Lagerbalken f f, Fig. 2, angebracht, und auf diesen Balken liegt unter dem Kiele eine, an beiden Seiten mit Leisten versehene Bahn e e, Fig. 1, bestehend aus einzelnen Plankenenden, die in den Zwischenräumen jener Stapelklötze jedesmal auf zwei der erwähnten Lagerbalken ruhen. Vom letzten Stapelklotze oder von dem ab, der dem Wasser zunächst liegt, ist ebenfalls eine, von Leisten eingeschlossene Bahn für den Kiel, ähnlich wie e e bis zum Wasse gemacht, und ebenso weit reichen auch die beiden Seitenbahnen d d. Diese mittlere so wie die Seitenbahnen, die kurzen Schmierplanken, so wie die Läufer und der Kiel sind mit Seife und Fett geglättet, um die Reibung beim Ablaufen möglicht zu vermindern. Sobald nun das Signal zum Ablauf gegeben ist, werden die Keile g g, welche auf jedem Lagerbalken unter den kurzen Schmierplanken e e Fig. 1 angebracht sind, hineingetrieben, um dadurch das Schiff etwas zu heben, so daß die Stapelklötze herausgenommen werden können und das Schiff in den geschmierten Brettern ruht Ist dies geschehen, so werden zuerst die Seitenstützen, welche znr [sic] Aufrechthaltung des Schiffskörpers während des Baues dienten, und demnächst die Strebe m m und l l, Fig. 2 und 3, weggenommen, worauf das Schiff, sich selbst überlassen, ins Wasser hinabgleitet. In dem Augenblicke, wo die beiden letzten Streben l l weggeschlagen werden, wird am obern Ende der Keil n unter den gegen den Steven gestämmten Klotz p mittelst einer horizontalen Ramme o o getrieben, um durch diese Erschütterung das Schiff so weit aus seiner Wucht zu bringen, daß es augenblicklich, sobald l l weggenommen ist, in Bewegung kommt.

Es geschieht indessen sehr selten, daß bei dieser Art des Ablaufs das Schiff nicht sogleich, wenn die beiden letzten Streben fortgenommen sind, abläuft; denn der an den Seiten zwischen der Schmierplanke d und dem Läufer c offen gelassene Raum dient dazu, das Schiff mit geringer Mühe nach der einen oder andern Seite zu bewegen, wenn sich etwa große Hindernisse, Unebenheiten &c. in der Bahn gezeigt haben sollten, welches jedoch nicht vorkommen darf. Statt des eben erwähnten Keiles bedient man sich auch der Schraube, die man vermittelst einer Stütze gegen den Steven so wirken läßt, daß das Schiff dadurch vorgeschoben wird; auch bedient man sich oft zweier horizontaler Rammen zugleich, die alsdann von den Seiten wirken und die Keile so eintreiben, daß dadurch das Schiff nicht sowohl gehoben, als vielmehr vorwärts getrieben wird.

Im innern Raum des Schiffes werden an verschiedenen Stellen Verstrebungen h h, i i, angebracht, um dadurch das Schiff so abzusteifen, daß es beim Hinablaufen, und besonders beim Eintritt ins Wasser, nicht beschädigt werden kann, was ohne solche Absteifung sehr leicht zu geschehen pflegt. Bei größern Schiffen wird zu diesem Behuf noch eine dritte Verstrebung vertikal unter den Balken über den Kimmwegern k angebracht.


Gustav David Klawitter: Vorlege-Blätter für Schiff-Bauer.
Der Königlich technischen Deputation für Gewerbe, Berlin, 1835. pp 24-25.


Transcribed by Lars Bruzelius


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